Folge 9: Was ihr in der Zwischenzeit tun könnt, bevor alles gut wird

Geliebte Völker, in jeder Folge meiner gut gemeinten Life-Hack-Reihe muss ich das Unbehagen überwinden, euch von oben herab mit Rat zu schlagen. Das möchte ich mir nicht abgewöhnen, denn ein guter Text tritt immer von unten nach oben. Und ich bin eine privilegierte, ältere, beige Frau, außerdem Präsidentin der Republik Österreich. Also kann ich nur nach oben treten, etwa gegen die Schienbeine Putins, zuletzt geschehen bei der alljährlichen Fußball-WM der Staatenlenker*innen (Endstand 2:0 Matri- vs. Patriarchat). Dieses Unbehagen vermisse ich bei den männlichen „Kollegen“ unter mir.

Ein regional heruntergebrochenes Beispiel aus Wels ist die „Hausordnung“, lauter Ja-Eh-Zeugs, eine populistische Bedürfnispyramide: „Schmeiß’ richtig weg, red’ ma Deutsch, mach’ kan Lärm, nimm Rücksicht, sei freundlich.“ Übersetzt: Sei brav und kein Ausländer. Naja. Da drängt es sich mir schon auf, den Herren eine politische Hausordnung ins neue Jahr mitzugeben: Tritt zum richtigen Zeitpunkt zurück, achte auf eine gute Sprache, mach’ kein politisches Kleingeld aus den Ressentiments deiner Bürger*innen, nimm’ Rücksicht auf die echten Probleme, sei solidarisch. Soweit zur Schelte.

Dabei bin ich selbst so gern freundlich und konstruktiv! Während ich nun daran arbeite, die fossilen Faschisten nicht nur sportlich aus den Kremln dieser Welt zu vergrämen, könnt ihr euch gerne beteiligen an der Versuperung des Lebens. Es ist eine pfiffige Repolitisierung der steril und abgehobenen Bildenden Großkunst, dass ihr ab und zu Erbsensuppe auf Sicherheitsgläser schüttet, aber vergesst mir die anderen Sparten nicht!

Ihr könnt bei Lesungen von Lisa Eckhart fortwährend mütterlich-missbilligend ächzen. Wenn irgend ein Konrad Paul Liessman über das Gendern spricht, oder ein André Heller über die Zauberkraft der Magie, fragt ihr „Mir ist so fad, darf ich bitte heim?“ Sobald ein Mann über 50 klagend die Worte „Cancel Culture“ und „Winnetou“ kombiniert, sagt ihr höflich „Pardon, aber ich habe gerade ganz andere Probleme.“ Trefft ihr irgendwo einen Industriellen, der hunderttausende Euros an die Partei gespendet hat, die vor Putin im Staub knickste, der dann aber „Totalversagen der EU“ greint, weil er jetzt so viel für den Strom zahlen muss, dann sagt ihr ihm ganz wertschätzend „Entschuldigung, aber Sie sind schon ein arger Löffel, bei allem Respekt.“

Das könnt ihr alles machen, braucht ihr aber nicht, denn um die großen Probleme muss eh ich mich kümmern. Zarwos bin ich eure Bundespräsidentin!

von Dominika Meindl |