Folge 7: Energie ist noch viel zu billig

Das Schmalz braucht's, da ich Kollegen, sobald sie aus dem matriarchalen Grundkonsens ausscheren, zum persönlichen Faustkampf fordere. Es ist ja eine grundstürzende Blödheit, Leute einander totschießen zu lassen, nur weil sich ein toxischer, älterer Herr was einbildet! Neue Grenzverläufe, rassische oder geschlechtliche Überlegenheit, lauter Schas halt. Entweder soll man sich seine wahnhaften Einbildungen behandeln lassen (psychische Erkrankungen sind keine Schande), oder eben manns genug sein, sich dafür von mir poschen zu lassen.

Freilich ist die körperliche Bärigkeit nichts ohne die seelische. Ohne mentale Resilienz kommst du in so einem globalen Job wie dem meinen nicht zu schmeißen. Beruflich reicht die Energie, keine Frage, ich bin ein Machtmensch. Doch muss ich leider beobachten, dass ich für die innere Bewältigung meines Daseins immer mehr Energie benötige. Aus wie vielen Milliarden Handgriffen so ein Tag besteht! Wie oft muss ich mir denn noch die Zähne putzen! Wer soll in einer schwindligen Woche die ZEIT lesen? Ist es zu ertragen, dass so ein glitschiges Gurkenkerndl auch beim dritten Anlauf nicht vom Boden zu klauben ist? Kann mir eine persönliche Assistenz helfen, dem schönen Geschlecht zu sagen, wo seine Sockerl sind, und nimm' das Handy mit, wo ist denn deine Brille, Puppi? Oder: Du drehst den Fernseher auf, und die hiniche Familie Putz erscheint, oder irgend ein anderes Billigmöbel-Testimonial. Dann denkst du, oajeh, Operette auf Ö1, also FM4, und schon grätscht der Autotune-Effekt ins Gehör, oder dieser hassenswerte Plattenkratz-Jingle! Warum gibt es immer noch After Eight, obwohl ich mich schon mehrmals dagegen ausgesprochen habe? Dasselbe gilt für Audi-Fahrer! Und können die letzten sieben Impfgegner bitte die Innenstädte wieder freigeben? Wieso hat seit meinem letzten, an dieser Stelle veröffentlichten Aufruf zur letalen Vergrämung von Putin noch niemand einen Finger gerührt, ihr Faulis!?

Die Konsequenz aus dieser Krise kann nur sein, dass wir erstens mit meiner Energie nachhaltiger haushalten müssen (Arbeitstitel „Wellnessoase Gehorsam und Selbständigkeit), damit auch nachfolgende Generationen etwas davon haben! Zweitens soll sich jetzt wer aus der Redaktion eine pfiffige Schlusspointe für diese in meiner wertvollen Freizeit schnell hergeschriebene druckaecht-Ansprache ausdenken.

von Dominika Meindl |