Hirngespinste und Luftschlösser (Review zum Bulbul-Konzert am 18.02.2023)

Bulbul im Schl8hof, was soll man sagen: ein Feiertag. „Bulbul play Silence“ lautet die Devise diesmal. Den ersten Eindruck vermittelt eine von Christoph Öhler gestaltete, extrem auffällige Lichtshow. Manfred Engelmayr, Roland Rathmair und Dieter Kern sind auf der Bühne kaum zu sehen, eingesperrt in einem Lichtkäfig, kann man ihr Tun hinter den Gitterstäben aus reflektiertem Licht nur erahnen. Erst nach einiger Zeit werden die drei Musiker freigelassen, der Käfig verschwindet, die Lichteffekte wechseln ins Bunte, variieren, sind vielleicht nicht mehr ganz so spektakulär aber kaum weniger aufregend.

Die schweren, langgezogenen Akkorde erinnern mich zu Beginn an „Lysol“, das Melvins-Album aus längst vergangenen Zeiten (Doomcore nannte man das damals, auch deren Konzerte waren Feiertage). Es ist schnell zu bemerken, dass der gesamte Auftritt als Einheit zu verstehen ist. Es gibt keinen Gesang, keine Ansagen, und Applaus erscheint zwi­- schen den Stücken einfach nicht angemessen.

Das Publikum versteht und hält sich daran. Die Musik schimmert metallisch, sie ist prägnant, schnörkellos und präzise vorgetragen, gezielt eingesetzte Breaks sorgen für besondere Spannungsmomente. Das Ganze wirkt auf eine angenehme Art minimalistisch, so entsteht in meinem Kopf Raum für zusätzliche Gitarrentöne, die Schläge des Schlagzeugs werden wie von selbst ergänzt – Hirngespinste im Kopf, wenn man so will.

Unter einem Gespinst ist etwas Zartes, Gesponnenes zu verstehen, trotzdem wird dieser Begriff üblicherweise abwertend verwendet. Aber was soll das schon heißen: üblich? Ich möchte das Unübliche hervorheben, einen Schatz heben, da kommen wir schon eher zum Ziel. Man könnte auch von Luftschlössern sprechen, die im Kopf gebaut werden und in die Wolken gehoben werden.

Erhebend war er, der Auftritt, genau, erhebend. Ausmausfertig. Der lange Abschiedsapplaus ist mehr als verdient, der Eine oder die Andere hätte sich wohl die eine oder andere Zugabe gewünscht. Ich selbst schließe mich da nicht aus. Man hätte z. B. das Eröffnungsstück in Form einer Zugabe wiederholen können, zu Beginn eines Konzertes sind die Sinne des Publikums ja noch nicht so geschärft, um alle Eindrücke entsprechend verarbeiten zu können, da wäre das vielleicht eine Idee. Vielleicht ist das aber auch nur ein weiteres Hirngespinst von mir.

von Wolfgang Federmair |