Im Wald
„Märchenhaft“, sagt Lara leise, während sie einen Schritt nach dem anderen macht. Nadelzweige hängen tief herab über dem Weg, Lara geht durch sie hindurch, Nadeln und Zweige sind nah vor ihren Augen, verschwimmen, streifen ihr Gesicht, den Kopf, die Schultern, die Arme. Es sticht. Vor ihr kreuzen Wurzeln den Weg, Lara steigt über sie hinweg.
An manchen Stellen wächst hellgrünes Moos auf den Wurzeln. Lara bleibt stehen, geht in die Knie und berührt das Moos mit den Fingern. Es fühlt sich warm an. Sie schließt die Augen und drückt ihre Finger sanft in das Moos, löst den Druck, verstärkt ihn wieder. Sie öffnet die Augen, steht auf, schaut sich um: Farne, Totholz, Wurzeln, Erde. Zwischen Baumstämmen, Ästen und Nadeln blickt sie aus dem Wald hinaus, erkennt eine freie Fläche, die Lichtung!
Sie geht weiter, der Weg führt aus dem Wald hinaus auf die Wiese. Sie steigt über einen Weidezaun – direkt in eine Kuhflade. „Nein!“, ruft sie, hält sich am Zaunpfosten fest und versucht, den Kot der Kuh von ihrer Schuhsohle zu klopfen. Es klappt nicht so recht, sie geht ein paar Schritte, bleibt in der Wiese stehen, schleift den Schuh durchs Gras. Dann setzt sie sich in die Wiese und blickt zurück: Von hier aus gesehen ist es dunkel im Märchenwald.
Im Wald ist ein Kapitel aus dem Roman, an dem Tamara Imlinger arbeitet.