Take-Over – Vorhaben 2022

Take Over! thematisiert Geschlechterverhältnisse in der Kunst- und Kulturarbeit. Ziel ist der Abbau von Diskriminierung und von Sexismus im Veranstaltungsbetrieb, sowohl auf der Bühne als auch hinter den Kulissen. Die Reihe hinterfragt auch klassische Rollenbilder und dualistische Geschlechterkonzeptionen. Es wird darauf geachtet, dass eine feministische, antisexistische Agenda sowohl in der Programmierung als auch innerhalb der Vereinsstrukturen und Vereinsmedien eine wichtige Rolle spielt.

Der Kulturbereich ist, wie nahezu sämtliche anderen Bereiche der Gesellschaft, von Männern dominiert. Dies bedeutet nicht nur, dass Männer auf den Bühnen der Veranstaltungszentren, an den Wänden der Galerien, auf den Regiestühlen der Filmproduktionen und in den Büros der Booking-Agenturen deutlich in der Überzahl sind. Es bedeutet gleichzeitig, dass ein Bild von heterosexueller Männlichkeit das kulturelle Schaffen qualitativ, also in Bezug auf Formen und Inhalte, prägt. Nachdem in den vergangenen Jahren auf das strukturelle Problem besonders in der populären Musik aufmerksam gemacht wurde, dass „Männerbands“ schneller bekannt und damit publikumswirksam werden als solche, die als „Frauenbands“ wahrgenommen werden, wurde genau in diesem Bereich auf eine stärkere Berücksichtigung von Projekten unter der Federführung von Musiker*innen geachtet.

Die Reihe Take Over!, organisiert vom Welser Kulturverein waschaecht, widmet sich diesem Problemfeld seit den 00er-Jahren. In diversen Konzerten, Filmvorführungen, Diskussionen und Workshops wurden und werden Geschlechterungleichheiten im Kulturschaffen mit einem Fokus auf Musik bzw. musikalische Performance zum Thema gemacht. Dabei sind Künstler*innen oder Bands, in denen Frauen kreativ den Ton angeben, aufgetreten. Der breite Blick auf unterschiedliche Genres von Songwriter-Pop über HipHop und Elektronik bis zu experimentellem Rock und Improvisation zeigte dabei das große Spektrum weiblichen Musikschaffens auf.

Darüber hinaus brachte Take Over! aber nicht „nur“ einfach verstärkt Frauen auf die Bühnen, die Reihe hinterfragte – im Diskurs wie in der Performance – auch klassische Rollenbilder und dualistische Geschlechterkonzeptionen. Seit 2016 ist Take Over! nicht mehr als Veranstaltungsreihe, sondern als Projekt (und damit als Querschnittsmaterie) im Portfolio des KV waschaecht verankert. Um dem Label als „Frauenkonzert“ entgegenzuwirken, wurde Take Over! zum Grundprinzip der Vereinstätigkeit aufgewertet und wirkt damit nicht nur im Veranstaltungsbereich (möglichst hoher Frauenanteil bei Konzerten und Lesungen), sondern gilt auch für die Vereinsstrukturen (z. B. die paritätische Besetzung von Funktionen im Vorstand), für die Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit (z. B. geschlechtergerechte Sprache, Auswahl von Bild- und Tonmaterial für Werbung) sowie für den Bereich der Vermittlung & Ermöglichung.

In Zukunft soll stärkeres Augenmerk auf die Verknüpfung von Ungleichheitsdimensionen gelegt werden, also von einer reinen Gender-Perspektive auf ein intersektionales Verständnis von Benachteiligung und Unterdrückung geblickt werden. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Bewusstseinsbildung innerhalb des Vereins, über die Form (Workshop, Lesekreis, Diskussionsforum) wird zu entscheiden sein. In jedem Fall soll die eigene kulturarbeiterische Tätigkeit weiter hinsichtlich der gesellschaftlichen Norm der „white supremacist neoliberal ableist cis-hetero partriarchy“ (ein Input der Kulturanthropologin und Oktolog-Teilnehmerin Laura Yakas) kritisch hinterleuchtet werden.

Die Take Over!-Gruppe wird in Bälde eine Take Over!-Sonderausgabe der Vereins- und Programmzeitung druckaecht erarbeiten, die zu einem passenden Anlass gebührend präsentiert wird. Davon versprechen wir uns sowohl eine interne Bündelung der Kräfte, verstärkte Reflexion der Themen sowie natürlich auch eine externe Aufmerksamkeit für unsere Anliegen. Wer bei Planung/Gestaltung/Organisation mitwirken möchte, ist herzlich eingeladen. Bitte Mail an office@waschaecht.at

Take-Over!-Team