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Auch heuer konnte der umtriebige Kurator und Hausherr Hans Oberlechner, bereits zum dritten Male seit Pandemiebeginn seine art (Love) acts (siehe Anm. Hamid Drake artacts 20) wieder über die Bühne gehen lassen. Diese fanden vom 11. 03. bis 13. 03. in der architektonisch wunderschönen Alten Gerberei am Fuße des Wilden Kaisers in St. Johann in Tirol statt. Der Tourismusort im Tiroler Unterland erstrahlte noch in prachtvoller Winterlandschaft.
Die viel versprechende Programmierung eröffnete am Freitag das Quartett GNYXE. Hier begaben sich leise Töne auf den Weg zur subtilen Erforschung des Klanges in Form der Violine von Irene Kepl, welche auf die Tuba von Carl Ludwig Hübsch traf. Jakob Gnigler beflügelte diese Suche mit seinem kreativen Spiel am Tenorsaxophon. Das Projekt wurde auch immer wieder druckvoll von den famosen Drums und Percussions der Wahlberlinerin Katharina Ernst getragen und endete mit einer stimmakrobatischen Einlage von C. L. Hübsch.
Bei der zweiten Darbietung an diesem Eröffnungsabend betrat das Trio PUNKT.VRT.PLASTIK die Stage. Hier traf Amsterdam auf Berlin. Ein Klavier als Standpunkt schöpfte aus dem Garten der Klangvisionen. Kaja Draksler, ursprünglich aus Slowenien, bestach am Klavier. Peter Eldh stellte mit dem Double Bass die Verbindungen zu Christian Lillinger her, welcher in seiner unnachahmlichen Art das Schlagzeug bearbeitete. Zugleich fand hier eine Trilogie statt, die nahtlos ineinander überzugehen schien.
Anschließend folgte das Trio ZIMT auf die beiden bereits sehr interessanten Ereignisse des Festivals. Ursprünglich geplant als Quintett, fielen hier leider die beiden Fastlokalmatadore Barbara Romen und Gunter Schneider einer Krankheit zum Opfer. Es war ein leiser bedächtiger Auftritt von Angelica Castello an der Petzold-Flöte und Electronics, von Kai Fagachinski an der Klarinette, sowie von Burkhard Stangls mit feinen Akkorden begleitenden Contra- und Elektro-Gitarrenspiel.
Das SESTETTO INTERNATIONALE beschloss den ersten Abend durch eine eher ungewöhnliche Besetzung mit zwei Sopransaxophonen, Violine, Akkordeon, Piano und Turntables mit prominenten Mitgliedern der europäischen Jazz- und Improszene. Am Beginn matchten sich Harri Sjöström und Gianni Mimmo mit ihren Saxophonen. Ruhige Akkordeonphasen von Veli Kujala drohten in weiterer Folge zu explodieren. Phil Wachsmanns Violine erzählte Geschichten und beförderte diese an Achim Kaufmanns Piano weiter, welches diese wohlwollend aufnahm und virtuos weiter bearbeitete. Untermalt wurde diese Darbietung von dem an den Turntables agierenden Ignaz Schick mit kurzen intensiven Harmoniethemen.
Am Samstag konnte man zum Auftakt die von Katharina Ernst sehr einfühlsam gestaltete Nachmittagsstunde „Lauschen und Plauschen“ für die Jüngsten (es kann nie genug Nachwuchs in der Szene geben) besuchen. Später pilgerte frau/man in das „Kunstwerk“ der Galerie von Bertl Embacher am Mauthfeld um dort sowohl drei feinste musikalische Duos aus dem Sestetto Internationale zu genießen, als auch die ausgestellten Kunstwerke im Angesicht des thronenden Koasers bei Kaiserwetter zu bestaunen.
GARD NILSSEN’S ACOUSTIC UNITY eröffnete den Reigen am Abend des zweiten Tages. Klassisch triobesetzt, mit dem Leader am Schlagzeug, mit Andre Roligheten am Saxophon sowie Peter Eldh, welcher bereits seinen zweiten Auftritt genießen durfte. Mit einer Werkschau zwischen Sonny Rollins und Albert Ayler, aber auch an den Spirit von Ken Vandermark angelehnt, hinterließen die wackeren Nordländer ein hohes Tempo, beschritten aber auch ruhigere Pfade.
Die zweite Darbietung brachte ein Duo auf die Bühne, bei dem der Atem zu stocken drohte. ALSO, bestehend aus Katharina Ernst, welche mit ihrer genialen Spielweise am Schlagwerk zweifelsfrei auch hypnotisierend auf die Gitarrenkunst von Martin Siewert traf. Dieser verstärkte seine Statements mit Electronics, welche von Katharina Ernst wohlwollend aufgenommen und in grandioser Weise weiter getragen wurden.
Beim CUT TRIO begegnete die Ulrichsberger Freejazz-Abgesandte Tanja Feichtmair am Alto Sax den slowenischen Freunden in Person von Cene Resnik am Tenor Sax sowie dem aus der jungen Garde slowenischer Improvisatoren stammenden Schlagzeuger Urban Kusar. Am Beginn überwog dabei ein sehr hohes Tempo der beiden Holzbläser, welches sich dann verlangsamte und mit den oft humoristischen Bearbeitungen des Drummers ein feines Finale entwickelte.
Zum letzten Act am Samstag taten sich ein Trio mit John Dikeman am Tenor Sax, Oliver Schwerdt am Piano sowie dem Shootingstar an den Trommeln, Christian Lillinger, zusammen. Da brauste der Düsenflieger über die Köpfe und die Ohren der beseelten Community. Dikeman blies was das Zeug hielt bzw. hergab. Oliver Schwerdt bediente das Piano mit sämtlichen Teilen seiner Hände und Arme, außerdem vollführte Christian Lillinger fast schon akrobatische Einlagen am Schlagwerk. Ab und an steuerte „das Gefährt“ aber auch in moderatere Gewässer.
Der letzte Festivaltag startete mit dem KNARR-igen Septett des Bassisten Ingebrigt Häker Flaten. Dabei wurde eine Mischung von verschiedenen Stilen auf die Bretter gelegt. Hier trafen auf jazzige auch psychedelische und rockige Elemente. Vorangetrieben vom grandiosen Bassspiel Ingebrigts entwickelte sich in weiterer Folge durch den Drummer Olaf Olsen, die beiden Saxophone – am Alto Mette Rasmussen, sowie am Tenor Atle Nymo –, Joachim Reiner Petersen am Klavier und Keyboards, Oddrun Lilja Jonsdottir an der E-Gitarre und am Gesang sowie Erik Kimestad an der Trompete ein Soundteppich, welcher sich zwischen wuchtigem Gebläse, dann wieder feinem Trompetenspiel in E-Gitarren-Gefilden und in Synthesizerklängen der ersten Stunden hin und her bewegte.
Das Duo CZAJKA & PUCHACZ mit Kaja Draksler, mit ihrem zweiten Auftritt der diesjährigen artacts, und Szymon Gasiorek betrat anschließend die Bühne. Die Virtuosin an Klavier, Percussion und Electronics verzauberte mit ihrem begeisternden Pianospiel und ihrem kongenialen Partner, welcher auch am Vocoder, einem eher selten gespieltem elektronischen Gerät, agierte und mit seiner Drum- und Percussions-Bearbeitung die Schönheit dieser Darbietung verdoppelte.
Zum Abschluss des Festivals durfte man noch das HUMANIZATIONS QUARTETT erleben. Eine völlig durchgeknallte 4-Mann-Band, welche sich aus den Brüdern Aaron am Double Bass und Stefan Gonzalez an den Drums, aus Dallas, sowie den Portugiesen Luis Lopes an der E-Gitarre und Rodrigo Amado am Tenorsaxophon zusammensetzte und ihren schrägen wütend vorgetragenen Jazzsound in den sonntäglichen Abend wuchtete, um dann zum krönenden Abschluss noch Einblicke in das Schaffen von Albert Ayler zu vermitteln.
Unbedingt zu erwähnen sei auch die fantastische Fotoausstellung NOTE A MARGINE in der Galerie der Marktgemeinde Sankt Johann des Best-Jazz- Photo-of-the-Year-2021-Preisträgers, Luciano Rossetti, mit seinen wunderbaren Werken.
Im Zuge des Festivals erfolgte auch die Präsentation der DVD von LAUT SCHWEIGEN, einer komischen Oper von Irene Kepl, Erstaufführung bei den artacts 20, im Rahmen einer Klanginstallation. Teilnehmer*innen bei diesem Projekt waren Irene Kepl, Anette Giesriegl, Elisabeth Harnik, Colin Webster, Jakob Gnigler, Uli Winter, Matija Schellander, dieb13 sowie das Gesangsensemble ChorArt aus Sankt Johann.